Predigt 1. Mose 15,1-6

… gehalten in Winterbach und Bavendorf am 15. Sonntag nach Trinitatis 2023

Liebe Gemeinde,

Haben Sie vorgestern Abend alle Lichtquellen ausgeschaltet? Viele Menschen haben mit der sogenannten „Earth Night“ – Erdnacht – auf die Lichtverschmutzung hingewiesen. – Künstliches Licht, auch aus dem Weltraum noch zu sehen – weist hin auf Menschen, auf Straßen und Städte.

Manche haben diese Nacht genutzt, um Sterne zu gucken. Denn die sehen wir umso besser, je weniger künstliches Licht unser Auge trifft.

Hier in Winterbach / Bavendorf haben Sie einen ganz besonders weiten Blick über den Himmel.

Einer, der auch zu den Sternen aufschaute, war Abraham, der damals noch Abram hieß.

Abraham hatte schon einiges hinter sich. Er hatte seine Heimat verlassen, weil ihm Gott eine große Zukunft anderswo verhieß. Bevor er sich niederließ, irrte er mit seiner Frau durch Ägypten. Er ahnte, dass dem Pharao die Augen aus den Höhlen fallen würden, falls dieser seine schöne Frau Sara sähe. – Was dann geschieht ist eine andere Geschichte, auf die ich heute nicht eingehen kann, aber sie ist hollywoodreif. – Dann war da noch Abrams Neffe Lot, der mit Abraham herumzog, sich dann aber von ihm trennte und in Gefangenschaft geriet. Den musste Abraham wieder raushauen, wohl nicht ganz gewaltfrei.

Und jetzt ist Abraham reich, sitzt in einem großen Zelt auf weichen Polstern und Decken, Essen und Trinken satt. seine Knechte und Mägde sind zahlreich wie seine Herden. Ein wohlhabender, nein, ein reicher Mann – aber keine Kinder – und die gehörten doch zu Gottes Versprechen einer großen Zukunft. Hören wir die Bibel:

Lesung Genesis 15,1-6

Geh raus, sagt Gott zu Abram, wie Abraham damals noch hieß. Geh raus aus deinem behagliche Zelt, bemühe dich aus deinem Polstersitz, auch wenn du schon alt bist und dir das schwerfällt, lösche die Öllampe und schau draußen den Himmel über deinem Zelt an.

Rausgehen, an den Himmel schauen, Sterne zählen, nicht das Geld, nicht den Besitz besitzen, sondern nach oben, an den Himmel blicken.

Allein das trägt schon zur leiblichen und seelischen Gesundheit bei, auch heute. Wobei wir Menschen zuvor noch allerlei Bildschirme und andere Lichtquellen ausschalten müssen, um einen guten Blick auf den Sternenhimmel zu erhaschen.

Für Abraham verband sich mit dem Blick an den Himmel und dem vergeblichen Versuch, die Sterne zu zählen, etwas Drittes: Nämlich neue Zuversicht, neues Vertrauen, erneuerter Glaube an Gottes Zusagen. Schon früher verließ er sich auf Gottes Wort und machte sich auf die Wanderschaft. Er hat es nicht bereut, aber es fehlte noch etwas, nämlich eigene Nachkommenschaft.

Abraham hätte sich jetzt den Worten des englischen Dichters  Oscar Wilde anschließen können: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, dann ist es noch nicht das Ende.“ Aber er kannte sie nicht. Aber Oscar Wilde kannte die Bibel: Als er bei der Aufnahmeprüfung eines Studentenclubs einen Teil der Passionsgeschichte Jesu aus dem Griechischen übersetzen sollte, erklärte Wilde, er wolle unbedingt das Ende erfahren, und übersetzte weiter, nachdem er die gestellte Aufgabe bereits aufs Beste gelöst hatte.

Gottes Worte verändern Abraham und sie verändern die Welt. Gestern und heute und auch noch in Zukunft. Solange Menschen dieses Wort weitertragen, an Ihre Kinder und die folgenden Generationen weitergeben, solange ist Hoffnung, solange verändert der Glaube Menschen.

Abraham sollte noch zu Lebzeiten seine und Saras Nachkommen erleben.

Als Christen bekennen wir, dass die Hoffnung auf Gottes Verheißung mit dem Tod nicht zu Ende ist. Sie denken über den eigenen Tod hinaus, sie können damit leben, dass Sie die Früchte ihres Hoffens und Vertrauens nicht mehr selbst ernten werden, aber ihre Kinder und Kindeskinder. Weshalb auch Luther sagte: Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.

Christen schauen über ihren eigenen, engen Horizont hinaus. Sie lassen sich durch den Blick an den Sternenhimmel zum Staunen verführen. Obwohl sie wissen, dass die Sterne keine Lichter sind, die jemand an den Himmel gehängt hat, den man sich früher wie eine Käseglocke vorstellte. Wir wissen inzwischen, dass es noch andere Sonnen gibt und dass doch alle Sonnensysteme endlich sind. Wir kommen an die Grenzen unserer Vorstellungswelt. Das lässt uns aber nicht verzweifeln, sondern es macht uns dankbar und ehrfürchtig. Wir lernen das Staunen. Und so Staunen wir auch über jedes Kind, das uns geschenkt wird. Wie wunderbar sind diese Kleinen geschaffen. Wir sind dankbar für das Unbegreifliche im Allergrößten wie im Allerkleinsten, das letztlich nicht zu ergründen ist.

Lassen wir uns durch diese Geschichte von Abraham zu neuem Vertrauen auf Gott und seine Verheißungen ein.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen


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